Wie das Lipödem für Schlafprobleme sorgt und was hilft

Schlafstörungen sind weit verbreitet, aber zu den schwerwiegendsten Gründen gehören wohl Schlafstörungen, die durch Schmerzen verursacht werden. Frauen mit einem Lipödem sind häufig davon betroffen – was hilft bei diesem Problem? Die Autorin dieses Beitrages ist Andrea Böhmer, welche durch eigene Erfahrung genau weiß wovon sie spricht.

Was ist ein Lipödem? Welche Stadien gibt es?

Immer mehr wird in den Medien über ein Lipödem gesprochen und darüber diskutiert, ob eine Operation sinnvoll ist oder nicht. Zunächst einmal möchte ich darüber aufklären, was ein Lipödem überhaupt ist, und warum Frauen darunter so leiden. Denn es tritt fast ausschließlich bei Frauen auf.

Das Lipödem, welches bei betroffenen Frauen kurz „Lip“ genannt wird, ist eine Fettverteilungsstörung, die hauptsächlich an Armen und Beinen der Patientinnen auftritt. Es wird in drei Stadien unterteilt:

 

Stadium 1

  • Sichtbare Tendenz zur sogenannten „Reiterhose“
  • Beim Pinch-Test (zusammenschieben der Haut) zeigt sich eine „Orangenhaut“
  • Verdicktes und weiches Unterhautgewebe
  • An den Oberschenkeln und den Knien sind kleine Kügelchen tastbar
  • Ab und zu Spannungsschmerzen und Druckempfindlichkeit
  • Schwere Beine am Abend

 

Stadium 2

  • Die Reiterhosenform ist nun sichtbar ausgeprägt
  • Die Hautoberfläche weist deutliche Dellen auf und fühlt sich knotig an
  • Das Unterhautfettgewebe ist verdickt
  • Die Schmerzen in den Beinen nehmen deutlich zu

 

Stadium 3

  • Deutliche Umfangsvermehrung mit stark verdicktem Gewebe der Unterhaut und spürbare Verhärtungen
  • An den Innenseiten der Oberschenkel und den Knien oder den Oberarmen befinden sich deformierte Fettlappen
  • Fehlstellung der Beine in die X-Form, dadurch vermehrte Gelenksschmerzen durch die Fehlbelastung
  • Hüftschmerzen sind eine Folge der Fehlstellung
  • Permanenter Druck- und Spannungsschmerz

 

Welche Folgen hat das Lipödem noch?

Das sogenannte LIP-Fett (krankhafte Fett) legt sich wie kleine Schwämme um die Lymphknoten und verursacht dort ständige, zunehmende Beschwerden in Form von Schweregefühl, Stauungs- und Spannungsschmerzen, Berührungsempfindlichkeit und Druckschmerz des Bindegewebes an Armen und Beinen.

Auch spontan auftretende blaue Flecken gehören dazu. Die Lymphen verstopfen und können nichts mehr abtransportieren. Es wird alles in den „Schwämmen“ eingelagert und kann vom Körper nicht mehr alleine abgebaut werden. Daher muss das Lymphsystem angestoßen und manuell unterstützt werden, damit das Lip-Fett nicht unkontrolliert weiterwächst.

Nur leider wird oft das Lipödem zu spät erkannt, da die meisten Ärzte überhaupt nicht wissen, was ein Lipödem ist. In diesen Fällen wird der betroffenen Frau gerne Sport und eine Diät empfohlen. Was nicht schlecht ist, aber weder die Schmerzen nimmt noch die Umfangsvermehrung an Beinen und Armen beeinflusst.


Wie wird das Lipödem behandelt?

Es gibt zwei Behandlungsmethoden: die konservative Entstauungstherapie und die Operation des Lipödems.

Bei der konservativen Behandlung müssen die Patientinnen ihr Leben lang zur manuellen Lymphdrainage (MLD), min. zweimal pro Woche für 60-90 Minuten, um ein bisschen Linderung zu erhalten. Sie müssen täglich Kompressionsstrümpfe tragen – und das an Armen und Beinen. Auch gehört eine Reha-Maßnahme in einer Entstauungsklinik dazu.

Leider ist bei dieser Behandlungsmethode nur eine kurzweilige Linderung der Schmerzen möglich, da sich das Lip-Fett (Schwämme) immer wieder mit Wasser vollsaugt und somit die Lymphbahnen verstopft, was wiederum zu den Schmerzen führt.

Bei der operativen Behandlung (Lipo-Dekompression via Liposuktion) wird das krankhafte Fettgewebe abgesaugt. Das abgesaugte krankhafte Lip-Fett kann nicht nachwachsen und bleibt dauerhaft verschwunden.

Allerdings dient diese operative Fettabsaugung im Zusammenhang mit dem Lipödem nicht dazu, überschüssige Kilos loszuwerden, es geht vielmehr darum, das krankhafte Unterhautfettgewebe auf Dauer zu entfernen und die Patientinnen schmerzfrei zu bekommen. Das Tragen der Kompressionsstrümpfe ist nach der OP immer noch notwendig, da die freigelegten Lymphbahnen sich erst mal wieder dran gewöhnen müssen, selbständig zu arbeiten.

In vereinzelten Fällen kann es auch bei dieser Behandlungsart dazu führen, dass die Strümpfe ein Leben lang getragen werden müssen. Das passiert dann, wenn das Lymphsystem zu lange nicht selbständig arbeiten konnte und dadurch geschädigt wurde.


Welche Folgen hat ein Lipödem auf den Alltag der Patientinnen?

Neben den Schmerzen und den immer dicker werden Armen und Beinen kommt auch eine psychische Belastung hinzu. Hier ein kleiner Einblick:

Ich spreche aus eigener Erfahrung, denn ich war selber betroffen und hatte Lipödeme in Beinen und Armen im Stadium drei. Im Jahr 2015 wurde ich viermal operiert. Fünf Jahre lang gehörten Kompressionsstrümpfe an Armen und Beinen, MLD, Gespräche beim Psychologen und Schlafstörungen zu meinem Alltag.


Warum eine Schlafstörung durch Lipödem?

Durch den permanenten Druck der Matratze stand ich morgens mit immer neuen blauen Flecken auf und hatte zu den Lip-Schmerzen auch noch zusätzliche Probleme mit dem unteren Rücken. Durch die jahrelange Fehlstellung meiner Beine habe ich mir eine Schonhaltung angewöhnt, um einigermaßen laufen zu können.

Nachts lag ich jetzt allerdings in meinem Bett und versuchte, dem permanenten Druck meiner Matratze auszuweichen. Dabei verkrampfte sich mein ganzer Rücken und ich bekam zu den bekannten Beschwerden auch noch Rückenschmerzen.

Krankengymnastik und gezielter Muskelaufbau halfen mir ein bisschen, aber durch die permanente Umfangszunahme der Gliedmaßen war das auch nur im Kleinen möglich. Auch die Reha hat leider nichts geholfen. Und das betrifft leider jede Frau, die an einem fortgeschrittenen Lipödem erkrankt ist.

 
Warum ein Psychologe bei Lipödem?

Ganz einfach, ich war DICK, hatte Schmerzen und wurde ausgelacht wegen der Kompressionsstrümpfe. Sätze wie „Schau mal die Dicke da, die sollte besser eine Möhre essen, statt ein Eis“, gehörten zum täglichen Leben dazu. Unter anderem hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber meiner Familie, denn sie mussten mich ertragen.

Ins Schwimmbad zu gehen, war für mich immer wie ein Spießrutenlauf, aber ich bin trotzdem ins Bad gegangen und habe mich den Blicken ausgesetzt. Denn das Wasser tat mir gut und brachte ein bisschen Erleichterung. Die Gespräche beim Psychologen halfen mir, meine Krankheit zu akzeptieren, aber die Schmerzen blieben.

 

Helfende Operation bei Lipödem – und was danach geschah

Vier Operationen waren 2015 bei mir nötig, um mich schmerzfrei zu bekommen. Aber schmerzfrei waren jetzt nur die Arme und Beine, die Rückenschmerzen blieben. Bis Dezember 2016 habe ich noch die Kompressionsstrümpfe gebraucht, seitdem trage ich nur noch Kniestrümpfe mit einer leichten Kompression von der Stange, und das auch nur beim Sport. MLD brauche ich nur noch einmal in der Woche, und das auch nur an den Beinen. Regelmäßige Krankengymnastik am Gerät und eine Schlafberatung haben mich in ein neues Leben geführt.

Ich besitze nun ein auf meinen Körper angepasstes neues Bettsystem, das habe ich mir drei Jahre nach meiner letzten OP gegönnt. Und seitdem wird es von Tag zu Tag besser. Mein Körper kann sich jetzt nachts wieder auf die Erneuerung der Zellen konzentrieren und ich wache erholt auf.

 

Warum ist gerade bei Lipödem-Patientinnen das Schlafen so wichtig?

Durch den permanenten Druckschmerz beim Lipödem und dem immer wachsenden Umfang an Armen und Beinen, sind Schmerzen der ständige Begleiter. Die Nacht ist dafür da, dass der Körper zur Ruhe kommt und sich erholen kann. Sollte aber die Matratze und der Lattenrost einen ständigen Druck auf den Körper zusätzlich ausüben, kann er sich nicht erholen. Das ist bei jedem Menschen so, ob mit Lip oder ohne.

Bei Lipödem Frauen ist es umso wichtiger, den ständigen Druck der Beine und Arme zu entlasten und den Rücken und die Hüften zu schonen. Das heißt, eine gute Schlafvorbereitung mit Ritualen, am besten mit einer Lymphdrainage (der Arzt kann eine sogenannte Lymphhose verschreiben) vor dem zu Bett gehen und einem entlastenden Bettsystem, kann man dem Körper helfen.

Wichtig ist hierbei, die Matratze muss zum Körper passen, darf aber nicht zu fest sein. Unterstützung in der Lendenwirbelsäule (LWS) muss gegeben sein, da sie alles ausgleicht. Da die Hüfte durch die Fehlstellung auch sehr in Mitleidenschaft gezogen wird, sollte dieser Bereich der Matratze auch nicht zu hart sein. Alles im allen ist es wichtig, dass der Druck genommen wird.

 

Warum die richtige Ernährung bei Lipödem auch eine Rolle spielt

Gerade Frauen, die unter einem Lipödem leiden, werden immer nur als fett abgestempelt und leider wissen viele Ärzte bis heute nur sehr wenig bis gar nichts über diese Erkrankung. Dann wird den Frauen oft geraten, sie sollen mehr Sport treiben und eine Diät machen. Fakt ist aber, dass das Lipödem nicht heilbar durch eine Diät oder Sport ist.

Es ist jedoch nicht falsch, den Körper damit zu unterstützen. Der ganz entscheidende Aspekt: Sport immer mit Kompression treiben, damit das Lymphsystem auch die abgebauten Stoffe abtransportieren kann, sonst wird es wieder in den Schwämmen eingelagert.

Und Diät bitte mit Sinn und Verstand machen. Lip-Patientinnen sollten wohl möglichst auf Schweinefleisch verzichten, generell weniger Fleisch wäre von Vorteil. Dass süße Speisen und Getränke ungesund sind, wissen wir alle, aber für Betroffene ist es besonders gefährlich, da sie zu dem krankhaften Fett, wofür sie nichts können, jetzt noch zusätzliches Fett gespeichert wird, was wiederum zu mehr Gewicht führt und die Gelenke zusätzlich belastet.

Frauen, die von einem Lipödem betroffen sind, sollten eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch und kaum Zucker zu sich nehmen. Auch Alkohol führt zum Aufschwämmen und kann den Lip-Schmerz noch verstärken.

 

Bei Rückfragen zögern sie nicht, – mich, Andrea Böhmer – zu kontaktieren. a.boehmer@derschlafraum.de

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